Freilernen: ein Geschenk der Natur?

Es gibt unzählige Informationen und Meinungen zum Thema Freilernen. Vor- und Nachteile. Ein weit gefächertes und unterschiedlich definiertes Thema, aber ich werde hier einfach ein paar grundlegende Gedanken dazu mit dir teilen. Denn die Idee hinter Freilernen ist eine ganz Natürliche – aber ist das wirklich so? 

Grundsätzlich erstmal: Freilernen ist vor Allem in Deutschland nicht legal. Das heißt, viele Freilerner-Familien sind reisend gemeldet oder in andere Länder mit festem Wohnsitz ausgewandert, wo zumindest das Homeschooling erlaubt ist.

Freilernen steht für ein selbstbestimmtes Lernen, während im Homeschooling oder Schulunterricht Themen nach einem vorgefertigten Lehrplan erarbeitet werden. Freilerner sind zeitlich und räumlich ungebunden. Das eigene Interesse steht im Mittelpunkt – es wird durch das Leben selbst gelernt. Dies geschieht über Bücher, gemeinschaftliches Zusammenleben und natürlich viel in der Natur und im Alltag. Die Entfaltung der eigenen Interessen ist ein ganz wichtiger Punkt.

Freilerner vertrauen darauf, dass jeder Mensch neugierig ist und aus eigenem Antrieb lernen möchte. Sobald das Kind das Verlangen spürt z.B. lesen lernen zu wollen, werden entsprechende Hilfsmittel und Unterstützung dafür angeboten – egal, welches Alter es hat. Eltern lenken ihre Kinder nicht in eine bestimmte Richtung, liefern aber oft Impulse (Museen, Büchereien, Theater,..).

Wir sind im Herzen Freilerner

Grundsätzlich glaube ich: Freilerner ist eigentlich jeder schon immer im Herzen! Du und ich. Von Geburt an wollen wir lernen. Schon als kleines Baby entdecken wir, machen Erfahrungen, lernen täglich so vieles dazu. Bis zu einem gewissen Punkt, dürfen wir das frei machen. Jeder möchte als Baby/Kind Erfahrungen sammeln. Das liegt in unserer Natur: selbstständig lernen und sein. Wir lernen laufen, sprechen, singen, tanzen. Wir lernen uns auszudrücken, zu (inter)agieren mit Anderen.

Aber wie gesagt, bis zu einem gewissen Punkt… Mit der Zeit wird es immer mehr zu einem Zwang, in einem gewissen Alter bestimmte Dinge – und schlussendlich dann in einem bestimmten Gebäude lernen zu müssen. Einordnen, kategorisieren, „der kann das aber besser“ – das kennt sicher jeder von uns. Wir fangen an, unsere Kinder zu vergleichen und dementsprechend zuzuordnen. In Schulen (und auch schon im Kindergarten) werden die Kinder von klein an zurechtgebogen, bestraft, für gut oder schlecht eingestuft oder auch in andere Schubladen gesteckt. Mich stört es am Meisten, dass sie im deutschen Schulsystem nicht als vollwertige Menschen gesehen und vor Allem behandelt werden. 

Mir wurde mit der Zeit aber auch bewusst, dass viele Eltern selbst darin stecken und es garnicht merken und dadurch garnicht anders handeln können. Sowie ich selbst auch zu Beginn.

Es ist wundervoll, wenn du erkennst, dass Kinder (vom tiefsten Grund her) keinen Motivator, keinen Lehrer brauchen, der sie zum Lernen bewegt. Wenn du erkennst, dass du selbst fähig bist, Dinge zu lernen. Wir haben eine ureigene Begeisterung, die aus unserem vollkommenen Herzen kommt, die uns jeder Zeit nachhaltig lernen lässt. Um dies heutzutage für unsere Kinder möglich zu machen, müssen Eltern natürlich planen. Abgesehen von Gesetzen und Pflichten. Vor Allem, wie die Arbeitswelt aussehen wird, wenn das Kind (oder Kinder) nicht zur Schule gehen wird, muss gut überlegt werden.

Beim Freilernen gibt es keine Messlatte

Das muss man als Eltern natürlich auch erstmal hinbekommen. Dazu gehört viel Selbstbewusstsein und die Überzeugung, dass es so richtig ist. Dazu müssen Eltern ihrem Umfeld standhalten, gut argumentieren können und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mit sich selbst im Urvertrauen sein und immer wieder dem Herzen zu folgen. Und sich selbst verzeihen können, wenn es einmal nicht so ist. Zudem immer darauf achten, sich nicht zum Vergleichen verleiten zu lassen. Sich nicht verleiten zu lassen, Dinge abzufragen oder sogar unbewusst zu testen, wo man vielleicht gerade festgestellt hat, dass das das Nachbarskind ja aber wusste. Bestimmt ist das nicht einfach für einige Freilerner Eltern.

Denn ohne Schulnoten sind wir als Eltern quasi gezwungen, genauer hinzuschauen. Nicht zu werten, sondern zu beobachten und dann gezielt zu unterstützen. Wir hören auf unser Gefühl.

Nicht auswendig lernen, sondern verstehen!

Wissen, welches von uns aus heraus mit Begeisterung lernen, uns selbst erarbeiten, hinterfragen, recherchieren und erleben, dieses Wissen bleibt tief in uns. Weißt du noch, was du in all den Schuljahren auswendig gelernt hast? Kannst du dieses Wissen anwenden bzw. brauchst du es überhaupt? Wenn ich an mich und meine 10 Jahre Schulzeit denke… wird mir ganz anders.

Beim Freilernen haben die Kinder alle Zeit der Welt, sich mit einem Thema, welches sie gerade interessiert, auseinanderzusetzen. Sie müssen sich kein Wissen bewusst einspeichern, es passiert ganz von allein, durch die Leidenschaft und das Interesse an einer Sache.

„Wer Nichts weiß, kann auch Nichts verstehen“ (Zitat)

Ein beliebtes und wirklich tolles Buch vom Hirnforscher und Autor Henning Beck „Das neue Lernen: heißt Verstehen“ (Amazon-Link*) erklärt einfach und verständlich die Lernprozesse im Gehirn. Wie wir lernen und wie sich unser Wissen dauerhaft festigt. Das Buch macht deutlich, wie sinnvoll Allgemeinbildung ist, Wissen aufzubauen und Gelerntes zu verknüpfen.

Ein super Handbuch für Eltern, die ihre Kinder unterstützen möchten, sich selbst Wissen aufzubauen.

Mein Fazit:

Ja!! Es ist ein RIESEN Geschenk der Natur, frei lernen zu dürfen. Und auch wenn deine Kinder einen anderen Bildungsweg, als das Freilernen gehen, dann hoffe ich trotzdem, dass sie außerhalb davon frei lernen und du/ihr als Eltern natürlich auch. Es liegt in unserer Natur, dass wir eben diese erkunden und mit ihr lernen, nach unserem Rhythmus, nach unserem Wohlbefinden und ohne Druck. Das größte Geschenk gibst du der Natur zurück, in dem du sie respektvoll behandelst und mit ihr liebevoll umgehst – immer in Dankbarkeit.

Freilernen: ein Geschenk der Natur?​
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